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Raum für Gedanken

Gespräche suchen und archivieren - Kathrin Ollroge

Kathrin Ollroge

Taschenberg: Der Ort kennt mehrere Grenzen, eine davon ist die nahe gelegene polnische. Seit Neuestem ist Kathrin Ollroges Verein von Potsdam hierhergezogen – die neue Wirkstätte ihres künftigen Wirkens. Und so kann es schon mal passieren, dass die Bushaltestelle plötzlich umfunktioniert und gemütlich mit Sessel und Tischdecke zu einer Art Wohnzimmer geschmückt wird. Dorthin beispielsweise lädt sie die Leute, die ihr im Dorf begegnen, zu Kaffee und Kuchen ein, ein anderes Mal zum Kartoffel schälen und gemeinsamem Kochen oder in die Alte Schule. Und während die Befragten über regionale Rezepte ins Reden kommen, Zugezogene wie Alteingesessene gleichermaßen, nimmt Kathrin Ollroge die Gespräche auf.

 

Hierfür bringt sie eine ordentliche Portion Neugier und Offenheit mit, während die Interviewten Lust entwickeln, sich über gesellschaftspolitische Themen des Alltags zu äußern. Dafür hat sie keinen fixen Fragenkatalog, den sie stur abarbeitet, sondern hält einen „Blumenstrauß an Methoden“ parat, wie die Konzeptkünstlerin es nennt. Prinzipiell aber reagiert sie auf die Leute konkret, deren Geschichten und den Ort speziell. Die gesammelten Alltagsgeschichten tippt sie später ab und stellt aus den gesammelten Rezepten – für Kulinarik und Nachbarschaft gleichermaßen – eine lebendige Ortschronik zusammen. Diese möchte sie später auch dem GEDANKEN-ARCHIV hinzufügen, das bereits zahlreiche Regionen in Deutschland umfasst. Manchmal hat sie aus den Gedankenfetzen auch eine Art Tonspur kreiert und Inhalte in Kooperation mit einem Performancekollektiv in Theaterstücke einfließen lassen –  alles vollkommen anonymisiert. Oder die Texte von anderen nachsprechen lassen und geschaut, was passiert. 

Persönliche Gespräche für das Gedanken-Archiv dokumentiert

Seit sie 2014 mit RAUM FÜR GEDANKEN begann, welche sie quasi als Sekretärin auf der elektrischen Schreibmaschine mitgetippt hat, hat sie jede Menge Erfahrung gesammelt. Und weiß: Durch die besondere Art des Austauschs fühlen sich die Menschen respektiert und ernst genommen. Das ist vielleicht auch die geheime Hoffnung, die sie hegt: Mit ihren künstlerischen Kommunikationsprojekten an den Puls der Zeit zu rühren, auf diese Weise Impulse zu geben und einen demokratischen Prozess in Gang zu bringen. Indem sie Orte, Menschen und persönlichen Geschichten verbindet, ist seither eine Art Gedankenteppich entstanden, warum sie 2018 mit dem Bundesverdienstorden in der Rubrik „Kultur verbindet“ 2018 ausgezeichnet wurde. Mit ihrer Tandem-Partnerin Isa von Bismarck möchte sie sich unbedingt austauschen – vielleicht ja in einem Wartehäuschen auf ein paar gemütlichen Sesseln?

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