Ein Lebensraum für Demokratie
Viele Möglichkeiten für viele - Gregor Dehmel
Altwarmbüchen: Ein Ortsteil von Isernhagen, welches fünfundzwanzigtausend Einwohnende hat, bis hierhin fährt die U-Bahn aus Hannover. „Hier ist alles schön“, sagt Gregor Dehmel, „und wenn der Bus nicht fährt, fahr ich halt SUV – so denken die Leute.“ In dem beschaulichen und problembefreiten Vorort haben er und seine Frau Monika Dehmel seit neuestem den Demokratielebensraum gegründet.
Dafür haben sie die ehemalige Fahrschule, die vormals Kindermodeladen und Café war, umgebaut. Gleich nebenan befindet sich das Büro der beiden Demokratievollprofis mit ihren etwa 40 Mitarbeitenden – junge Leute, die Bundesfreiwilligendienst absolvieren, Azubis und Festangestellte. Von hier aus exportieren sie seit Jahren Demokratie zum Anfassen quer durch Deutschland, gehen an Schulen, Vereine, Verwaltungen und Bürgerstiftungen, regen junge Menschen zum Mitdenken, Mitreden und Mitmachen an, wollen begreiflich machen, wie Politik auf kommunaler Ebene funktioniert und für politische Teilhabe begeistern. Das kann in Form von Planspielen wie Pimp Your Town!, Kinderrat! und mobilen Escape-Rooms geschehen oder der kostenlosen Mitrede-App PLACEm. Für ihr Engagement wurden sie 2018 bereits vom Bundespräsidenten mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Doch wie können sie den Raum, der den sperrigen Namen Demokratielebensraum trägt, mit Leben füllen und die Isernhagener Bürger und Bürgerinnen für ihren Demokratieladen begeistern? Wie können sie ein Bedürfnis wecken, das in mehr Bürgerbeteiligung und politischer Teilhabe gipfelt? Das haben sie sich gefragt und eine Reihe von Veranstaltungen ausprobiert – von Konzert über Talkrunde bis Lesung und Workshop – „mit mittelmäßigem Erfolg“, wie Gregor Dehmel eingesteht. Deswegen möchte er nun weiter auf die Suche gehen, sich von anderen Projekten aus dem Neulandgewinner-Netzwerk und den Tandem-Partnern aus dem Leipziger Land inspirieren lassen und gute Ideen importieren.
Die frühere Fahrschule bietet Raum für mehr Bürgerbeteiligung
Außerdem plant er, auf einen Road-Trip zu gehen, zusammen mit der Neulandsucherin Anna Barth und ihrem MOTHEK-Bus. So wollen sie Partnerschaften von Ost nach West besuchen und den Blick auf Bürokratie fokussieren – denn die spielt in der Demokratie auch eine wichtige Rolle. Vielleicht mag Gregor Dehmel bei der Gelegenheit sein erworbenes Wissen ja teilen, wie ehrenamtliche Arbeit zu hauptamtlicher wird. Ein Buch mit sieben Siegeln, das vielen Projektbeteiligten unbekannt scheint. Damit bleibt zu hoffen, dass der Neulandsuchende Gregor Dehmel zum Neulandfindenden wird und der Lehrende zum Lernenden, frei nach dem selbst gewählten Motto „Leb es oder lass es.“ Klingt nach klassischem Win-Win – in diesem Falle für die Demokratie?