Abschied von der Stiftung: „Es war eine echte Herausforderung“
Interview mit unserem ehemaligen Geschäftsführer Thomas Hertfelder
Abschied von der Stiftung: „Es war eine echte Herausforderung“
Nach fast 28 Jahren nimmt Thomas Hertfelder seinen Hut als Geschäftsführer der Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus und tritt in den Ruhestand. Wir treffen ihn im Januar 2025 im Theodor-Heuss-Haus für 3 ½ Fragen zum persönlichen Rückblick.
Herr Hertfelder, Historikerinnen und Historiker sind es gewohnt, der Erinnerung zu misstrauen. Wir wagen es trotzdem: Was für eine Stimmung lag in der Luft, als sie das Amt antraten?
Für mich war es eine Stimmung der Euphorie, des Aufbruchs. Ich habe noch gut in Erinnerung, dass ich mich damals, Anfang 1997, sehr auf die neue Aufgabe gefreut habe. Gleichzeitig hatte ich auch ein wenig Angst: Ich sollte eine Institution aufbauen und Menschen führen – so etwas hatte ich noch nie gemacht. Es war eine echte Herausforderung, in mehrfacher Hinsicht: Ein Umzug von München nach Stuttgart, eine neue Stadt, und dann auch noch eine komplett neue Aufgabe in einer Stiftung, die erst aufzubauen war. Diese Kombination hat mir einen Energieschub gegeben, von dem ich noch lange gezehrt habe. Natürlich hatte ich auch die Sorge, dass man mich schnell wieder loswerden könnte, wenn ich nicht der Richtige wäre. Aber das verflog schnell.
Sie waren fast 28 Jahre lang Geschäftsführer der Stiftung. War das ein Traumjob?
Ja, das war es. Ich wusste vorher gar nicht, dass es solche Stellen gibt. Ich war Assistent an der Uni München, wollte aber raus aus der Forschung und auch nicht zurück in die Schule, wo ich vorher unterrichtet hatte. Ich suchte etwas Drittes und fand es hier in Stuttgart. Der Job verband Forschung, Vermittlung und die Führung eines Hauses mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die erst noch zu gewinnen waren. Fulltime wäre keine dieser Aufgaben etwas für mich gewesen, aber die Kombination aus allen drei war für mich eben das: traumhaft. Und das blieb sie vom ersten bis zum letzten Tag.
Zugleich ist so eine Aufgabe nicht ohne viel Verantwortung zu haben. Gab es einen Moment, an dem Sie dachten: „Jetzt geht alles schief“?
Nun, selten geht ja komplett alles schief. Aber es gab schon solche Momente. Nur ein Beispiel aus dem Jahr 2023, als das Heuss-Haus wegen der neuen Dauerausstellung noch eine Baustelle war: Mehrere Handwerkerfirmen hatten grobe Fehler gemacht und gerieten immer weiter in Verzug. Der Bundespräsident hatte jedoch bereits für den 15. Mai zugesagt. Mir wurde heiß und kalt. Denn man kann nicht einfach im Bundespräsidialamt anrufen und sagen: „Können wir die Eröffnung um drei Monate verschieben?“ Bis zur Eröffnung wurde es ein wirkliches Hazardspiel und in dieser Zeit dachte ich tatsächlich manchmal: „Jetzt geht alles schief“. Gerettet hat uns dann reines Glück – und vielleicht auch eine gute Intuition. Wir fanden Handwerker, die kurzfristig einspringen konnten und hervorragende Arbeit geleistet haben.
Nun tragen Sie keine berufliche Verantwortung mehr. Und da Sie den Jazz mögen: Gibt es ein Stück, das Ihre Stimmung jetzt beschreibt?
Tatsächlich My Favourite Things von John Coltrane, 1961. Die Melodie ist ganz einfach, aber wie Coltrane sie interpretiert, das ist großartig. In der Vokalversion, wie sie z.B. Sarah Vaughan ebenfalls 1961 herausbrachte, handelt der Text von jemandem, der die kleinen, schönen Dinge im Leben entdeckt: Schneeflocken, einen guten Drink, „schnitzel with noodles“. Das Stück ist eine Stimulanz gegen Melancholie. Ich bin traurig, meine Aufgabe zu verlieren, aber gleichzeitig habe ich meine favourite things – die Familie, die Musik, die Natur, auch den Sport – denen der nächste Abschnitt meines Lebens gehört.
Die Fragen stellte Jan Ruhkopf.