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Mothek - die fahrende Bibliothek und Ausstellung

Die Künstlerin Anna Sophia Barth fährt in Mötzelbach Bücher zu LeserInnen.

Anna Sophia Barth

Mötzelbach: Ein hübsches Dorf mit etwa Hundert Einwohnenden – idyllisch gelegen südlich von Erfurt, Weimar und Jena, inmitten lauter kleinen thüringischen Dörfern und Burgen. „Einmal durchs Tal“, erzählt Anna Barth, nach Schloss Kulm. Dorthin ist sie nach ihrem Kunststudium und einem längeren Aufenthalt in Leipzig mit ihren Kindern zurückgezogen, in den Ort ihrer Kindheit, von wo aus sie auch die fahrende Bibliothek mit Ausstellung MOTHEK betreibt.

 

Mitgebracht hat sie sowohl eine alte Liebe zur Region als auch neue Ideen für ein gutes Miteinander und ein Gespür dafür, dass die Zeit nun herangereift ist, um vergangene, vielleicht auch verletzte Gefühle aufzuarbeiten. „Was, die Nachwendezeit ist bei euch noch Thema?“ So in etwa staunte die Tandem-Partnerin aus Bayern. Doch was heißt noch? Denn erstens ist diese Ära nie wirklich aufgearbeitet worden – vielleicht auch im Westen nicht – und zweitens rufen die heutigen Zeiten mit Erstarken der rechten Parteien quasi dazu auf, einmal genauer hinzuschauen und hineinzuhorchen. 

 

So kamen der Künstlerin Anna Barth und dem Architekten Volkmar Knoch die Idee zur heißen Suppe mit Buch. An diesem Tag machen sie alles gemeinsam: Einkaufen und meditativ eine gute Suppe kochen, abends lesen sie im Dialog in der Blauen Stube von Hof 9 Passagen aus aktueller Literatur vor. Der Ort ist bei vielen Einwohnenden bereits durch andere Veranstaltungen bekannt - eine Schnittstelle von Alteingesessenen und Neuzugezogenen plus einem Kern aus Leuten, die ihn gemeinsam pflegen und aufbauen. Hier treffen aber auch unterschiedliche Generationen mit unterschiedlichen Ansichten aufeinander, so wie Anna Barth auch eine Generation jünger ist als Volkmar Knoch und „eher einer Widerstandsfamilie entstammt“, wie sie erzählt.

Das Lastenrad bringt Leute mit Literatur und Suppe zueinander

Der Abend mit Buch und Suppe wiederum soll Anreize zum Nachdenken geben, Verschüttgegangenes hervorholen und nachforschen, was sich seither verklärt und verstellt hat. „Die Literatur ist wie ein historischer Steinbruch“, meint die lesende Köchin, wo sie emotional und politisch schürfen. Mit den Texten wollen sie jeweils einen Bogen schlagen von aktuellen zu menschheitsgeschichtlichen Fragen und unvoreingenommen in Austausch gehen. Und genau das ist bereits zum Auftakt der Reihe gut gelungen, als sie aus „Drei ostdeutsche Frauen betrinken sich und gründen den idealen Staat“ gelesen haben: Die Blaue Stube war gut besucht, die Leute blieben lange und löffelten zusammen mit der Suppe Begrifflichkeiten wie „Selbstkritik“ und Selbstverpflichtung“, die Anna Barth und Volkmar Knoch vorher aufgeschrieben hatten und – so stellte sich heraus – in Ost und West ganz unterschiedlich interpretiert werden.

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