Vortrag von Prof. Dr. Sonja Levsen (Tübingen)
Auf der Suche nach der Demokratie. Gründungsgeschichten in Deutschland und Europa (1945–1949)
Jede politische Gemeinschaft hat ihre Gründungsgeschichten. In der Erinnerung an die eigenen Wurzeln und Anfänge suchen wir Orientierung und Identifikation. Und doch sind Ursprungserzählungen umstritten und verändern sich. Aus Anlass der Jubiläen des Jahres 2024 stellt die neue Schwerpunktreihe die Gründungsgeschichten unseres Gemeinwesens auf den Prüfstand: Was begann vor 75 Jahren wirklich und wie hat sich unser Blick darauf verändert? Inwieweit bieten die Gründungsgeschichten der Nachkriegsära uns heute noch Orientierung in unübersichtlichen Zeiten? Welche Gründungsgeschichten wurden bisher nicht erzählt?
Sonja Levsen, Spezialistin für die Geschichte der europäischen Demokratien eröffnet die Schwerpunktreihe mit einem Blick auf die Suche nach der Demokratie in Deutschland und Europa in der unmittelbaren Nachkriegsgeschichte. Die Historikerin diskutiert, wie vielfältig die Neuanfänge der Demokratie nach 1945 waren; welche Hoffnungen und Ängste die Menschen nach Nationalsozialismus und Weltkrieg mit der Vision einer demokratischen Zukunft verbanden – und wie wenig selbstverständlich eine solche Zukunft in der frühen Nachkriegszeit erschien.
Prof. Dr. Sonja Levsen ist Professorin für Neuere Geschichte mit besonderer Berücksichtigung der Zeitgeschichte an der Universität Tübingen. Zu ihren Fachgebieten zählen die vergleichende transnationale Geschichte Europas des 19. bis 21. Jahrhunderts, die Geschichte der Demokratie sowie der Erziehung und Bildung, Männlichkeit, Sexualität und Gewalt. 2019 erschien im Wallstein Verlag ihre Habilitation Autorität und Demokratie. Eine Kulturgeschichte des Erziehungswandels in Westdeutschland und Frankreich, 1945 – 1975. Für Ihre Dissertation erhielt Sonja Levsen 2006 den Preis des Arbeitskreises Deutsche England-Forschung.